Ich hatte Euch ja letztlich angekündigt, ab und an in Blogeinträgen einige tiefere Einblicke über meine Arbeit als Hochzeitsfotograf zu geben und dabei auch meine Fototasche zu öffnen und Euch besondere Objektive oder Ausrüstungsgegenstände zu zeigen.
Ein professioneller Hochzeitsfotograf hält Eure Erinnerungen auf ewig fest und das sollte er natürlich mit dem bestmöglichen Equipment tun. Natürlich macht nicht die Kamera allein das Bild und ja, man kann auch mit einfachen Mitteln unvergleichliche Fotos machen, aber sehr gutes Werkzeug in den richtigen Händen bietet mehr Verlässlichkeit und Konstanz für ein durchgehend hochwertiges Ergebnis und höchste Qualität. Deshalb scheut Euch nicht im Vorgespräch auch einmal nach dem Equipment zu fragen.
Heute möchte ich eines meiner Lieblings-Objektive vorstellen, welches die meisten meiner Bräute – eigentlich ohne es zu wissen – heiß und innig lieben. Das Canon 85mm 1.2L II. Die Festbrennweite ist eines der herausragendsten, vielleicht für …
Hochzeitsfotografen DAS beste Objektiv im Canon-Sortiment. Zumindest was die Portrait-Eignung betrifft, sucht dieses Hochleistungsobjektiv im Kleinbildbereich seinesgleichen.
Das Gewicht von mehr als einem Kilo und resultierend daraus die außergewöhnliche Qualität der Fotos steckt vor allem im Glas. Der Blick ins Objektiv, seine fein geschliffenen Glaselemente, die vielfachen Reflektionen, lässt das Herz jedes Fotografen höher schlagen.
Und die großen, schweren Linsen habe einen Riesen-Vorteil. Sie fangen das Licht, suchen es förmlich. Selbst schwärzeste Schatten bekommen noch feinste Abstufungen und Verläufe werden sichtbar, Dunkelheit wird plötzlich hell.
Doch warum ist dieses Objektiv für einen Hochzeitsfotografen so wertvoll?
Mit offener Blende fotografiert, zeichnet diese Linse im Brautportrait wunderbar weich, die Schönheit der Braut an ihrem schönsten Tag im Leben ist nicht besser und würdiger festzuhalten.
In der Hochzeitsreportage wird die Linse recht häufig in der Kirche, bzw. bei der Trauungszeremonie im Standesamt benutzt, weil sie ermöglicht, selbst in dunklen Räumen oder bewusst stimmungsvoll abgedunkeltem Kerzen-Ambiente genug Licht und Emotion einzufangen, ohne das Blitzen notwendig wird.
Und ablenkende Details im Umfeld verschwinden ganz einfach in der wunderbaren Hintergrundunschärfe.
Wobei wir bei einem weiteren Vorteil des Objektivs wären. Die Möglichkeit, Personen oder Situationen visuell von unwichtigem oder unspektakulärem Drumherum durch die gezielte Nutzung von Schärfe und Unschärfe zu trennen. Gerade beim Hochzeitsempfang oder bei der Hochzeitsparty gibt es oft genau die fotografierenswerten Momente, in denen Braut oder Bräutigam, vielleicht der Brautvater bei seiner Ansprache oder die Trauzeugin der Braut bei ihrem Lied an die Brautleute inmitten der Gäste agiert.
Fotografiert man hier mit einer einfacheren Zoom-Linse, ist diese Situation eine unter vielen, verliert seine Einzigartigkeit, seinen Inhalt, seine Emotion. Ich sehe viele Leute, aber wer ist der oder die Wichtigste? Wer macht was, was geht gerade vor?
Hier separiert das 85mm – wenn man denn gelernt hat es richtig einzusetzen – den Protagonisten durch ausgewählte, selektive Schärfe, fokussiert genau die Person, den Moment, und macht, später beim Betrachten des Fotos, die Worte oder den Gesang augenblicklich wieder präsent.
Genau das, was ich von meinen Hochzeitsfotos und einer Hochzeitsreportage erwarte.
Natürlich hat ein solches Objektiv auch seine Nachteile. Es ist, wie schon gesagt, mit einem Kilo sehr schwer. Nach einem Tag mit dem 85er auf der Kamera, weiß man zumindest, woher die eigenen Nackenbeschwerden kommen. Und es ist mit einem Preis von knapp 2 Kilo Euro (jaja, richtig gelesen, allein das Objektiv kostet soviel) auch nicht gerade ein Schnäppchen. Es ist langsam, zumindest langsamer als andere Objektive. Nicht unbedingt ein Reportageobjektiv für den schnellen Schnappschuß. Will heißen, der Einsatz kostet ein wenig mehr Geduld und vor allem Erfahrung. Die schnelle Bewegung rechts vom Fotografen ist nicht mal eben durch Herumreißen der Kamera festgehalten, da zahlt es sich aus, wenn der Fotograf genug Erfahrung hat, Dinge kommen zu sehen, Situationen intuitiv vorher zu ahnen. Und hohe Qualität birgt hohe Risiken. Eine Schärfentiefe, also der wirklich knackscharfe Bereich der Aufnahme von nur wenigen Millimetern bei offenblendigen Portraits braucht Übung, ruhige Hand und ruhige Braut. Kein Objektiv also für Schnappschüsse und Hobbyfotografie. Eben ein Profi-Werkzeug. Aber ein wirklich Gutes!