Norderney bei Irland?
Nicht aufgepasst im Geographieunterricht? Wie blöd bist du denn? Das mögen sich jetzt einige fragen, aber ich stelle meine Frage nach Norderney mit einem anderen Hintergrund.
Die Iren behaupten angeblich, man könne auf ihrer schönen grünen Insel alle Jahreszeiten an jedem Tag des Jahres erleben. Regen und Wind, Sturm und Kälte, sonnige wohlige Wärme. Binnen Minuten schlägt das Wetter dort gerne vom einen Extrem ins andere um. Als wir damals mit unseren Paaren in Irland zum Engagementshooting waren, (hier Teil 1 und hier Teil 2) haben wir das so nicht wirklich erlebt, das Wetter in Dublin schien uns damals eher stabil zu sein.
Nicht ganz so jetzt im Juni 2017 auf Norderney.
Ney! die Lieblingsinsel auch vieler deutscher Nicht-Ostfriesen, hatte uns am Hochzeitstag von Steffi und Ralf einiges zu bieten. Alle Wetter, binnen Stundenfrist wechselnd, strömender Regen, heftiger Sturm, klaren blauen Himmel.
Doch fangen wir der Reihenfolge nach an. Da Steffi und Ralf bereits zwei kleine Kinder haben, hatten wir uns bereits einen Tag vorher auf der ostfriesischen Insel zu einem kleinen Familienshooting samt Locationscouting getroffen. Das Wetter war im Juni eher frisch, ein steter Wind blies, nicht unbedingt leicht, aber insgesamt war es nicht unangenehm. An den langen Sandstränden tollten wir also mit den Kindern etwas herum, ein kleines, spaßiges Shooting zum Eingewöhnen.
Die Wetteraussichten für Norderney für den nächsten Tag waren nicht so prickelnd. Es war der deutlich schlechteste Tag der Woche angekündigt, die Temperaturen sollten noch weiter sinken, Regen und Sturmböen waren angekündigt.
Nun heiraten viele der Paare auf Norderney in dem dort eigens für Trauungen aufgestellten, historischen Badekarren. Mein Paar, das natürlich schon öfter Norderney besucht hatte, fand die Idee sehr charmant und hatte bei seinem letzten Besuch die Vorbereitungen zur Trauung dort am Strand bereits begonnen. Und so war es nur verständlich, dass Steffi angesichts der schlechten Wettervorhersage die Krise bekam, und ihre Wunschtraum, die Trauung im Badewagen, förmlich ins Wasser fallen, bzw. vom Wind weggeblasen sah. Denn das war die eigentliche Gefahr: Regen in einem geschlossenen Raum ist nicht wirklich ein Thema. Aber bei Sturm wäre die Trauung im Badekarren wohl ins Rathaus verlegt worden.
Das große Hoffen
So hofften also alle auf ein wenig Wetter-Beruhigung, doch der Morgen des Hochzeitstages begann schon mit dauerhaftem Regen.
Ich machte mich so gegen 8 Uhr auf den Weg ins Hotel meines Paares zum getting ready, und hörte schon nach wenigen Metern ein fröhliches: “Guten Morgen, Axel!” in meinem Rücken!
Hinter mir meine Braut, unter dem Regenschirm, ausgestattet mit Windbreaker und Schleier in der Steckfrisur – bei dem böigen Wind eine Steckfrisur? Wenn das mal nicht schief geht?
Steffi, bestens gelaunt! Cool dachte ich, endlich mal eine Braut, die das Wetter wirklich ausblendet und der der Regen den Spaß an ihrem großen Tag nicht verderben kann. Wenn jetzt noch das Wetter etwas aufklart…
Angesichts Wind und Wolken planten wir also spontan den weiteren Verlauf um, und fanden im Foyer des Hotels Inselloft, direkt an der Strandpromenade eine adäquate Ersatzlokation für die erste Begegnung der Beiden.
Mit Verlassen des Hotels keimte ein wenig Hoffnung auf. Der Regen hatte eine Pause eingelegt und wir konnten auf dem Weg zum Strand an der Bushaltestelle ein “aus dem Leben gegriffenes” Paarportrait arrangieren. Die Hochzeitsgesellschaft wartete bereits in der Strandkorbburg auf das Brautpaar. Hier, an der Strandpromenade war der Wind dann doch wieder viel stärker als noch in den Gassen von Norderney, und über Juist sah man bereits die nächsten schwarzen Wolken herüber ziehen. Und mit Einzug in das Standesamt begann es auch wieder leicht zu regnen.
Es wird schlimmer
Überhaupt war die schwarzdunkle Front, die da über den Nachbarinseln hing, so gar nicht freundlich anzusehen. Wie gut, dass die Hochzeitsgesellschaft, die in den im Halbkreis um den Badewageneingang angeordneten Strandkörben saß, dieser Wetterfront den Rücken zukehrte, sonst wären in diesem Augenblick sicher einige geflohen. Aber egal, wir waren im Karren. Brautpaar, Trauzeugen, Standesbeamte und der Fotograf standen im Trockenen. Und tatsächlich begann es in diesem Moment wie aus Eimern zu gießen. Draussen wurden die transparenten Regenschirme aufgespannt, Regenjacken und -ponchos wurden übergeworfen, und innen wurde eine lustige Trauungszeremonie abgehalten. Meine Assistentin, die außerhalb der Wagenburg stand, fand es weniger lustig, packte ihre Kamera ein und begab sich zurück ins Hotel, um die Kleidung zu wechseln.
Die Trauung endete und mit ihr der Regen. Das Geschmuse und Gedrücke bei der anschließenden Gratulation in der Strandkorbburg, wurde angesichts der Enge dort, zu einer echten fotografischen Herausforderung, aber zumindest blieb es angenehm warm. Weil aber bereits die nächste Trauung im Badewagen angekündigt war, wurde noch schnell das obligatorische Liebesschloß angebracht, und der “Empfang” mit einigen Flaschen Bier aus dem Norderneyer Brauhaus auf der Promenade fortgesetzt.
Inseltypisch ging es anschließend weiter. Drei Bollerwagen zum Transport von Kindern, Geschenken, Kleidung etc. und Bier im Schlepptau, der des Hochzeitspaares standesgemäß mit “Just married”-Blechdosen am Heck, zog die ganze Gesellschaft die komplette Strandpromenade über den Nordstrand hin zur Eventlokation. Der leichte Regen wurde schnell als Gicht abgetan, einzig der Wind war etwas stärker, was erforderlich machte, dass sowohl Braut und Bräutigam gemeinsam kräftig an den Deichseln ziehen mussten. Zum Glück aber gab es reichlich Bedienpersonal in der Gesellschaft.
Party im Cornelius – Die Austernbar
Ziel der Karawane war das Cornelius – die Austernbar am Nordstrand. Hier angekommen begann der Regen wieder intensiver zu werden, aber alle genossen die wohlige Wärme von Lokation und heißem Kaffee. Fotograf, ich also, und Assistentin, machten sich auf in die Umgebung, um eine Ersatzlokation für die geplanten Familien- und Gruppenfotos und das anschließende Paarshooting zu suchen. Aber irgendwie keimte immer noch Hoffnung, dass vielleicht doch wieder eine Regenpause uns ermöglichen sollte, draussen zu fotografieren. Denn irgendwie hatten die Beiden immer noch ein wenig Glück gehabt. Könnte das vielleicht doch so weiter gehen?
Der fast vollverglaste Kubus des Cornelius ließ uns bei Häppchen, Gratulation und Geschenken die den Regen nicht vergessen, zu sehr prasselte der Regen gegen die Scheiben. Eine kleine Regenpause – es nieselte nur noch – nutzten wir schnell um eben ein “etwas anderes” Trauzeugenfoto zu schießen. Fotograf, draussen, Brautpaar und Trauzeugen in den Fenstern. Mitsamt Möwe. Not macht erfinderisch, oder kreativ.
Jetzt muss es sein
Irgendwann aber musste es dann passieren, die Gruppenfotos standen an. Komme was wolle. Und der Blick aus dem Cornelius zauberte ein Lächeln auf unsere Gesichter. War das da über dem Wasser vielleicht ein Stückchen blauer Himmel hinter den dichten Wolken?, Kommt irgendwie nicht hinter dem Haus ein anderes, wärmeres Licht heraus? Und tatsächlich der Himmel riss auf. Alle schnell raus, Gruppenfoto, Kinderfotos, Familienfotos, zack, zack, zack, lasst uns hoffen, dass es nicht wieder anfängt zu regnen. Aber nein, das Glück gehört den Tüchtigen, es wurde immer besser. Die Sonne schob die Wolken beiseite, ein strahlend blauer Himmel zeigte, von großen schweren Wolken durchzogen. die perfekte Dramatik für ein außergewöhnliches Shooting. Und so zogen wir dann, zunächst mit der Kleinfamilie, anschließend mit dem Paar alleine, ein wenig über den Strand hin und her – wohl dem der wasserdichte Schuhe hat – und machten ein paar außergewöhnliche tolle Hochzeitsfotos.
Regen und Wolken haben uns zu den richtigen Momenten an diesen Tagen verlassen, nur den Wind konnten wir nicht dazu bewegen, einmal für kurze Zeit zu verschwinden. Der Wind, dem die Steckfrisur übrigens nichts, aber auch wirklich gar nichts, antun konnte. Meine Hochachtung der Friseurin, das nenn´ ich Erfahrung! Einzig der Schleier löste sich beim Paarshooting dann wirklich einmal vom Kopf der Braut. Wohl dem, der eine beherzte Assistentin hat, die vollbepackt mit Fotokoffer und Accessoires, mit einem mutigen Tritt den Schleier davon anhält, auf Baltrum wieder gefunden zu werden.
Paar: Steffi & Ralf
Hochzeit: Norderney, Badekarren des Standesamtes Norderney
Partylokation: Cornelius – die Austernbar